Tabubruch im Rathaus?


27. März 2017

Der von der Rostocker Stadtverwaltung ausgehende „Bauwahn“ stößt auf heftigen Gegenwind. Dass mittlerweile schon über 50 Jahre alte Landschaftsschutzgebiete für hochtrabende Baupläne regelrecht verheizt werden sollen, das heizt auch die Gemüter der Anwohner in Diedrichshagen und Warnemünde auf. Viele Gegenstimmen gibt es bereits im Ortsbeirat und in der Rostocker Bürgerschaft. Am Sonnabend traf sich eine Interessengemeinschaft von rund 50 Gegnern, die auf Einladung der Fraktion Bündnis Grüne an einer Radtour durch das betroffene Gebiet teilnahmen und sich informieren wollten. „Wir befürchten, dass wir am 5. April innerhalb der Bürgerschaft nicht genug Stimmen gegen diese Bebauung bekommen“, sagte Karina Jens, CDU.

Auf besondere Einladung der Grünen Fraktion waren auch Mitglieder vom Bund für Umwelt und Naturschutz Rostock anwesend. Die Umweltschützer brachten gleich mehrere gute Gründe mit, warum auf gar keinen Fall eine Bebauung, welcher Form auch immer, in Frage kommen sollte: „Hier steht explizit das Landschaftsbild unter Schutz und darf auch auf Grund der hohen Bodenwertzahl von 50 gar nicht überbaut werden“, sagte der Vorsitzende Markus Brost. Demnach ist die Bodenwertzahl sehr wertvoll und wäre nach dem Landesentwicklungsprogramm im Jahre 2016 zusätzlich geschützt worden. In dem Gebiet hätten sich „besonders geschützte und streng geschützte Arten“ angesiedelt und es wären auch mehrere gesetzlich geschützte Biotope vorhanden, erklärt Brost. Desweiteren diene das Gebiet als sehr hohe Lebensraumfunktion für rastende und überwinternde Wat- und Wasservögel, sowie Äsungsfläche für Zugvögel. Zusätzlich erhalten die Freiflächen eine besondere Bedeutung für die Frischluftzufuhr der Stadtteile Lichtenhagen, Groß Klein und Lütten Klein. Die sei angesichts zunehmender Hitzeperioden in Zeiten des Klimawandels unbedingt notwendig. „Außerdem befindet sich das geplante Baugebiet ohne jede geeignete Erschließung, was zusätzliche negative Auswirkungen auch auf benachbarte Flächen bedeutet“, gibt Brost zu bedenken. Und last but not least hat das regionale Raumentwicklungsprogramm von 2011 zwischen Elmenhorst und Diedichshagen eine Siedlungszäsur als Ziel der Raumordnung festgelegt. Somit sollen im Landschaftsschutzgebiet gleich mehrere Beschlüsse übergangen werden, was schon als gesetzeswidrig gegenüber der Bevölkerung zu bewerten ist, weil Tabus gebrochen werden. Es gäbe genug andere Möglichkeiten für bezahlbaren Wohnraum in anderen Lagen, ergänzte Professor Dieter Neßelmann, CDU. „Die Kapazitäten für privilegiertes Wohnen sind bereits erreicht und es wäre traurig, dass man hier über ein Landschaftsschutzgebiet überhaupt diskutieren würde“, sagte Anwohner Ingolf Hoffmann.

Ein weiteres Argument ist der hohe Erholungswert für Urlauber, die die naturbelassene Küste mit Fauna und Flora für Radtouren ohne große Zivilisation schätzen. „Wir machen hier seit Jahren mit der gesamten Familie Urlaub, obwohl es wesentlich näher wäre an den Timmendorfer Strand oder nach Grömitz zu fahren. Die geplante Bebauung wäre direkt ein Schuss nach hinten“, befindet Urlauberin Barbara Segner aus Bremen, die regelmäßig in Diedrichshagen ein Domizil sucht, weil es hier besonders schön wäre. Fakt ist: Eine Fehlentscheidung hätte für Mensch und Natur erhebliche Konsequenzen, die nicht wieder auszubügeln wären, so Brost.

Michaela Kleinsorge      


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v. schubert - 01.05.2017 um 17:35 Uhr
an die BI gerichtet
aus landschaftsplanerischer sicht sind genau die punkte vom kommentar heckmann h. wichtig. bitte beachten! - sonst läuft viel energie ins leere und der gegenwind wird scharf.
freut euch, dass herr heckmann euch unterstützen möchte!
mut und stärke!
gruß v. schubert
heckmann h. - 29.04.2017 um 11:58 Uhr
Ein bischgen genauer bitte
Fragen:
im flächennutzungsplan als potentiell bauland ausgewiesen?
welche naturstrukturen sind betroffen?
losgelöst von sonstiger bebauung?
Soll ein aufstellungsbeschluss für einen bebauungsplan und die änderung des flächennutzungsplanes gefasst werden?
vielleicht können sie mal eine karte aus google maps einfügen?
Ich will gern etwas unterstützen, aber dazu bedarf es schon einiger informationen.
emma - 28.04.2017 um 14:08 Uhr
Es darf nicht sein, dass immer mehr Naturgebiet zubetoniert wird.
Zur Zeit verzeichnen wir das grösste Artensterben seit 500 Millionen Jahren nur, damit die Art MENSCH sich immer weiter ausbreiten darf.
Keine weiteren Baugebiete. Bestehende Bauflächen besser nutzen !
Forkert - 28.04.2017 um 13:25 Uhr
Vieleicht sollte das kommerzielle denken im kopf einiger wenige
Endlich aufhören

Natur muss bleiben
Nicht um irgendwelchen Priveligierten
Wohnraum zu beschaffen
Und das nur am wochenende evtl
Jasmin Göckel - 28.04.2017 um 13:08 Uhr
Eine zugebaute Ostseeküste ist eine uninteressante Ostseeküste für mich als Urlauber. Im Hinterland gibt es genug Bauland, denke ich. Es darf nicht sein das so eine einzigartige Landschaft zerstört wird, weil ein paar Spekulanten den großen Reibach machen wollen! Die können es sich auch leisten ein paar Meter mit dem Auto oder Rad zum Strand zu fahren und müssen nicht direkt aus dem Wohnzimmer auf den Strand fallen auf Kosten der Umwelt.
Karl Schubert - 28.04.2017 um 11:56 Uhr
die Gemeinde hat doch genügend - wenn auch vielleicht ganz so schöne - Flächen, auf der sie bauen lassen kann. Wie kann man in der heutigen Zeit nur so unverantwortlich mit unserer Umwelt und Natur umgehen?!
Stephan Porst - 02.04.2017 um 12:24 Uhr
Eine Bebauung würde zu einer irreparablen Beschädigung und weiteren Zersiedlung des LSG führen. Aufgrund des Tabubruches sind dann weitere Bauvorhaben im LSG nicht auszuschließen.
Erzengel - 01.04.2017 um 14:54 Uhr
Ich bin gegen eine B ebauung.
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