Masterplan Warnemünde gefordert


01. Februar 2017

Nach zwei Runden im Ortsbeirat wurde die Frage nach der Zukunft des alten Warnemünder Werftbeckens gestern in einem öffentlichen Bürgerforum diskutiert. In Vorbereitung einer diesbezüglichen Verträglichkeitsuntersuchung wurden auch die Auswirkungen der Kreuzschifffahrtentwicklung auf Warnemünde erörtert.

Eingeladen hatten das Amt für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Wirtschaft gemeinsam mit dem Hafen- und Seemannsamt. Höchst interessant für die etwa 70 Teilnehmer der Gesprächsrunde: Die einleitenden Ausführungen des Denkmalpflegers Peter Writschan, der den historischen Hintergrund des einstigen Hafenbassins nachzeichnete und es als „historisch wichtig“ einstufte.

Nochmals stellte der zuständige Abteilungsleiter für Hafenbau und -bewirtschaftung, Gunar Abend, die drei möglichen Entwicklungsrichtungen vor. Soll das Areal allein zur Erweiterung der Kreuzschifffahrt, als Mehrzweckhafen oder als reiner Gewerbehafen entwickelt werden? Passieren muss etwas, denn so Abend: „25 Jahre Stillstand haben für einen städtebaulichen Missstand gesorgt.“

Aus dem laufenden Verfahren zur Fortschreibung des Warnemünder Strukturkonzeptes  ergeben sich gleich mehrere Anforderungen für die künftige Nutzung des Gebietes: Entstehen sollen Flächen für maritimes Gewerbe, Parkflächen sowie Logistikflächen und Infrastruktureinrichtungen für die Kreuzschifffahrt. Wünschenswert sind ebenso eine gute Verkehrseinbindung, die Verzahnung mit dem Ort, eine hohe städtebauliche Qualität und die Einbeziehung stadtbauhistorischer Überlegungen. „Aus städteplanerischer Sicht entspricht die Variante eines Mehrzweckhafens diesen Anforderungen am ehesten. Die Mischnutzung lässt sich am besten integrieren, bietet gute Möglichkeiten zur Ansiedlung maritimen Gewerbes und macht das 16 Hektar große Gelände damit nicht nur saisonal für das Kreuzfahrtgeschäft nutzbar“ erklärte Inros Lackner-Geschäftsführer, Torsten Retzlaff. Sein Unternehmen war mit der Prüfung der drei Varianten hinsichtlich der Verträglichkeit mit dem Strukturkonzept Warnemünde, der seeseitigen Anbindung und Terminalgestaltung, landseitiger Erschließungsmöglichkeiten, Altlasten, Fördermöglichkeiten, Genehmigungsrechtliche Verfahren, Wirtschaftlichkeit und terminlicher Umsetzung beauftragt.

Aus der Nutzung als Mehrzweckhafen ergäbe sich zudem die teilweise Verlagerung und Erweiterung des Kreuzfahrthafens. Als besonders heikel stellten Retzlaff und viele Warnemünder die Altlastensituation in diesem Bereich dar. Deren Entsorgung ist teuer, soviel steht fest. Und unabhängig davon, welche Variante letztlich verfolgt wird, muss die Stadt Rostock als Eigentümerin der Flächen eine land- und wasserseitige Altlastensanierung vornehmen lassen.

Die Gesamtbaukosten werden für einen reinen Gewerbehafen auf etwa 50 Millionen, bei der Nutzung als Kreuzfahrthafen auf 72 Millionen und bei der Mischnutzung auf 69 Millionen Euro geschätzt. Die Fördermöglichkeiten aus dem GRW-Programm zur „Verbesserung der regionalen Struktur“ seien für die Entwicklungsvariante „Mehrzweckhafen“ am besten. Problematisch: die derzeitige Förderperiode endet am 31. Dezember 2019 – es ist also Eile geboten, denn die Planungen müssten schon im Sommer 2017 beginnen. Dieser Zeitdruck sorgte bei Ortsbeiratsmitglied Helge Bothur für Unmut: „Die Stadtverwaltung hat über Jahre ihre Hausaufgaben nicht gemacht, denn der Flächenankauf war nur ein Moment der städtebaulichen Maßnahmen.“ Der Warnemünder Mathias Thom, ebenfalls Ortsbeiratsmitglied, riet hingegen zur Ausnutzung der Höchstförderung. Dem pflichtete auch Thomas Biebig, Leiter Strategische Entwicklung und Grundsatzfragen bei der Rostock Port GmbH, bei: „Die Stadt verfügt nicht über die Mittel zur Sicherung der Altlasten, wir brauchen die Fördermittel“, betonte er.

Bezogen auf die Art des anzusiedelnden Gewerbes wurde in der Diskussion schnell klar, dass hier wegen der Nähe zum Wohngebiet allenfalls eine lärm-arme Nutzung möglich sei: „Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld zwischen Wohnbebauung und gewachsenen MV Werften“, stellte Retzlaff klar. Auch ergab sich die Frage, wie viel Kreuzschifffahrt Warnemünde noch vertragen kann und ob ein Sättigungspunkt erreicht sei. Nach Aussage von Stadtplanerin Anja Epper soll es jedoch nicht zu einer signifikanten Steigerung der Anläufe kommen: „Der Liegeplatz nördlich des Fähranlegers würde wegfallen und dieser Bereich wäre wieder öffentlich zugänglich“, kündigte sie an und Hafenkapitän Gisbert Ruhnke unterstrich, dass sich bei einer Entzerrung auch die Bedingungen wesentlich verbessern würden.

Für den Erhalt des alten Hafenbassins – in einem erbitterten Kampf wurde es 1870 von der Stadt Rostock erstritten – warb auch Hansi Richert vom Warnemünde Verein: „Mit einem Mehrzweckhafen könnten die meisten Warnemünder gut leben“, ist er sicher. Entgegen der allgemeinen Tendenz, wonach jeder eigene Interessen verfolge, erinnerte er daran, dass in Warnemünde noch Menschen leben und diese sollten nicht vergessen werden.

„Am Ende hängt alles mit allem zusammen und wir als Stadtplaner brauchen jetzt eine Art ‚Masterplan Warnemünde‘, den wir der Bürgerschaft zur Beschlussfindung vorlegen können und aus dem letztlich auch die B-Pläne für Mittelmole und Werftareal entwickelt werden“, so Anja Epper.

Die Rostocker Bürgerschaft soll am 5. April darüber befinden, in welche Richtung sich das ehemalige Hafen- und Werftbecken letztlich entwickeln soll. Sollte das Stadtparlament der Empfehlung für einen Mehrzweckhafen entsprechen, könnten ein Förderantrag eingereicht und die Planungen beginnen. Frühestens Ende 2022 könnten sich erste Bagger drehen.  

Foto: Günther Rausch


| | | |

Kommentieren Sie den Artikel

Name
E-Mail
(wird nicht veröffentlicht)
Kommentar
Sicherheitscode

Ich willige ein, dass DER WARNEMÜNDER die von mir überreichten Informationen und Kontaktdaten dazu verwendet um mit mir anlässlich meiner Kontaktaufnahme in Verbindung zu treten, hierüber zu kommunizieren und meine Anfrage abzuwickeln. Dies gilt insbesondere für die Verwendung der E-Mail-Adresse zum vorgenannten Zweck. Die Datenschutzerklärung kann hier eingesehen werden.*


|